Hallo Thomas, Du bist bei biniasz und partner. Um Dich besser kennen zu lernen, möchte ich Dich mal was fragen: In Deiner Freizeit starrst Du an die Wand. Man nennt es auch Zen-Buddhismus. Was genau erlebst Du dabei und warum tust Du das?
Das stimmt, ich setzte mich relativ häufig aufrecht vor die Wand und schaue mit einem Spalt geöffneter Augen ‚hinter die Fußleiste‘.
Mich zu besinnen, meinen Geist zu beobachten hilft mir im Alltag dabei, eine empathische Distanz zu den Dingen zu erlangen. Es hilft mir, in meinem Körper, meinem Zentrum zu sein und gleichzeitig wach im Außen, in der Welt. Wenn ich es regelmäßig tue, merke ich, dass mein Geist fokussierter wird, ich konzentrierter und präsenter bin und so achtsamer durch den Tag spaziere. Für mich ist das kein ‚Selbstoptimierungs-Work-out‘ oder sowas, sondern eher eine Seins-Übung.
Was ist der geistige Überbau?
Ich praktiziere Zen – Buddhismus. Für die, die es genau wissen möchten: Soto Zen. Meine Sangha (Gemeinschaft) ist die Dharma Sangha Europe (https://www.dharma-sangha.de).
Im Gegensatz zu den meisten anderen buddhistischen Schulen ist Zen-Buddhismus keine Religion, sondern eher eine Weltanschauung. Natürlich stehen auch hier Buddha und Bodhisattvas im Zentrum der Lehre und Betrachtung. Dabei gibt es neben dem Zazen (Sitzmeditation) unterschiedliche Mediationspraktiken und Rituale, wie z.B. Rezitationen, Verbeugungen, Achtsamkeitsübungen etc., die natürlich den Buddha ehren und gleichzeitig damit beabsichtigen, den eigenen, inneren Buddha zu nähren. Das ist die eigentliche Schule: Den Fokus auf den eigenen Geist, die eigenen Gedanken zu legen, wie z.B.: ‚Warum denke ich, was ich denke?‘ ‚Was ist der Ursprung meines Gedankens?‘ und natürlich auch achtsam mit anderen Menschen und Wesen verbunden sein. Das gelingt nicht immer und ist eine ständige Praxis.
Wieso kann man mit bewusster Atmung achtsamer werden, wie funktioniert das?
Wie funktioniert das, gute Frage. Ich glaube man muss das erfahren, ausprobieren und machen.
Der Atem ist das, was unser Inneres, unseren Körper, in Kommunikation mit der Welt im Außen bringt. Wir atmen ein und atmen die Welt ein. Wir atmen aus und geben der Welt unseren Hauch. Noch bevor ich irgendetwas zu jemanden gesagt habe, kommuniziere, verbinde ich mich mit der Welt durch meinen Atem. Das passiert natürlich immer solange wir leben, bewusst oder unbewusst, Atmen ist erstmal eine Reflexhandlung. Sobald ich jedoch diesen Prozess des Ein- und Ausatmens bewusst wahrnehme passieren bei mir wesentliche Dinge. Ich bekomme ein Gefühl zu meinem Körper indem ich z.B. spüre wie mein Brustkorb sich hebt und senkt und gleichzeitig nehme ich die Welt und Bewegungen um mich herum wahr. Ich bin dann im Körper-Geist – verbunden im Innen und Außen, nehme fühlend wahr. Vielleicht so – etwas kürzer: Wenn ich im Gegensatz dazu nur im Kopf bin, meinen Atem nicht wahrnehme, in meinen Gedanken, Konzepten und im Kopfkino bin, führt das in letzter Konzequenz zu körperlosen und beziehungslosen Betrachtungen – ist essenzfrei.
Genug davon. Investiere ungefähr eine Minute Zeit. Nehme eine angenehme, möglichst aufrechte Haltung ein. Beobachte Deinen jetzigen Zustand und finde eine Beschreibung, ein Wort, dafür. Folge dann Deinem Atem von 1 bis 10. Du fängst mit Einatmen, 1, an, ausatmen, 2, einatmen, 3 usw. bis 10.
Danach beschreibe Deinen Zustand erneut. Was ist anders?
Diese kleine Erfahrung kann Dir mehr erzählen als meine Worte.
Was hat das für Dich mit Essenz zu tun?
Sehr viel. Mich bewusst mit dem Atem verbinden ist ein kraftvolles und einfach zu praktizierendes Tor zur Essenz, Tanzen und Bewegung sind es auch. Den Körper-Geist wahrnehmen, Resonanz mit mir in der Welt erleben. So erweitere ich meinen Wahrnehmungsraum. Das ist für mich eine Voraussetzung dafür, mit dem Wesentlichen in Kontakt zu treten, mit dem was wirklich zählt – bei mir und bei anderen. Ein guter Startpunkt für eine freudvolle Reise zu sinnvollem Handeln, egal welches Feld ich wachsen lassen möchte.