Thomas Biniasz interviewt Christine Tröstrum zu ihrem persönlichen Transformationsprozess und ihren Herzensangelegenheiten
Seit Sommer 2021 ist Christine Tröstrum meine Geschäftspartnerin bei biniasz und partner, zunächst in Teilzeit, seit September 2023 ist sie nach über 25 Jahren im Angestelltenverhältnis nun selbständig in unserer Partnerschaftsgesellschaft als Beraterin, Coach und Trainerin tätig. Ich war neugierig, Christine zu interviewen, wie sie ihren eigenen Change bisher erlebt hat und was ihre Herzensanliegen für ihre berufliche Zukunft sind. Wie wir uns kennengelernt haben, was „Transformatives Lernmuskeltraining“ ist, warum Coaching Balsam für die Seele ist und was Wunderfitz ist, erfahrt Ihr in unserem Interview.
Thomas Biniasz (TB): Was hat Dir den letzten Kick gegeben, Dich für die Selbständigkeit zu entscheiden?
Christine Tröstrum (CT): Ich erinnere mich, dass vor etwa fünf Jahren die Selbständigkeit mein kühnster Traum auf der Liste der beruflichen Optionen war. Ja, und kühne Träume erfordern Mut und Entschlossenheit, liegen außerhalb des Gewohnten und bringen die Möglichkeit des Scheiterns mit sich. Der letzte Kick war dann tatsächlich unsere selbst organisierte Trekkingtour in den Pyrenäen im Herbst 2022. Also mutig auf die Gipfel klettern, oft bis spät in die Nacht noch eine Extrarunde drehen und dann völlig erschöpft, aber glücklich ins Bett fallen. Jedes Mutig Sein wurde mit einer noch schöneren Aussicht oder einem wunderbaren Erlebnis belohnt. Und die Stunden, in denen wir völlig vom Weg abgekommen waren, waren sofort vergessen.
TB: Wie hast Du die ‚Zwischenzeit‘, zwischen Loslassen und Neubeginn, erlebt? – der alte Job noch da, der neue in Vorbereitung.
CT: Es war keine einfache Zeit, dem Alten und dem Neuen immer gerecht zu werden. Mein hohes Verantwortungsbewusstsein stand mir oft im Weg und die Gelassenheit hatte es oft schwer. Mir war es wichtig, meiner Nachfolge und dem Team nach fast zwei Jahrzehnten bei der Berlinale einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen. Wie ich von den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen und meiner Nachfolgerin höre, scheint mir das auch sehr gut gelungen zu sein. Gleichzeitig schwirrten mir schon so viele neue Ideen im Kopf herum, dass ich immer wieder Prioritäten setzen musste und auch überlegen musste, mit wem ich welches Abenteuer und Projekt jetzt zuerst angehe.
TB: Was würdest Du aus Deiner jetzigen jungen Erfahrung anderen mit auf den Weg geben wollen?
CT: Ich kann allen nur empfehlen:
- Raus aus der Komfortzone, rein ins Abenteuer.
- Menschen um sich zu haben, die dich bedingungslos unterstützen, dir vertrauen, dich halten und dich so annehmen wie du bist.
- Sorgfältige Planung, Wahrnehmung und Reflexion sind sicherlich gute Ratgeberinnen, damit die Umsetzung oder die Veränderung beherzt, Schritt für Schritt, gelingt.
- Deine Stärken und Schwächen zu kennen und beides umarmen.
- Bewusst innehalten und korrigieren.
- Deinen eigenen Rhythmus, deine für dich stimmige Struktur finden.
- Jubeln, falls jodeln nicht geht.
- Dankbar sein.
TB: Was ist Dir jetzt Dein Herzensanliegen bezogen auf Deine Arbeit? Was möchtest Du jetzt bei biniasz und partner in die Welt tragen?
CT: Ich möchte Menschen aus und in ihren unterschiedlichen Lebenswelten begleiten und sie dabei unterstützen, ihrem Wesenskern, ihren Zielen und Träumen näher zu kommen. Darüber hinaus möchte ich verantwortungsvolles Handeln im Sinne einer gesunden (Arbeits- und Werte-) Gemeinschaft fördern, die uns ein gutes und zufriedenes Leben ermöglicht.
TB: Was beschäftigt Dich dabei gerade besonders?
CT: Wir erleben gerade, wie die Welt an vielen Stellen aus den Fugen gerät, viele Menschen aus ihren Rollen gefallen, verletzt, irritiert, gestresst sind. Tatsachen und Meinungen werden vertauscht, Differenzierungen fallen schwer, binäres, teilweise radikales Denken und Handeln scheint für viele die einzige Lösung zu sein. Es ist an vielen Orten Krieg, Krieg in den sozialen Netzwerken bis hin in Teams, die ich gerade begleite. Einfache Meinungsverschiedenheiten, unterschiedliche Ansichten enden in erfolglosen Mediationen. Es gibt Misstrauen oder Angst, Dinge direkt anzusprechen, ehrliches, wertschätzendes Feedback zu geben. Vielerorts dominiert wieder aristotelisches Entweder-Oder Denken; durch aktuelle Rassismus- und Antirassismus-Debatten tun sich neue Gräben auf oder der Autor und Philosoph Byung-Chul Han spricht in seinem Essay „Digitale Rationalität und das Ende des kommunikativen Handels“ vom Zerfall der Demokratie im digitalen Raum.
Beim Erkennen der Probleme wie beim Ringen um Lösungen für all die allgegenwärtigen Krisen und Probleme stoßen wir immer wieder auf über Jahrhunderte gewachsene Strukturen, die Veränderungen erschweren oder gar verhindern. „Veränderungen fallen uns von Natur aus schwer“, ist ein altbekannter Glaubenssatz. Ich bin der Meinung, dass uns Veränderungen „kulturell“ schwerfallen.
TB: Wo siehst Du hier mögliche Veränderungshebel?
CT: Mal angenommen: Schulen werden zu echten Lernorten, die soziale Kompetenzen genauso fördern und bewerten wie fachliche. Wären wir dann nicht resilienter, zukunfts- und überlebensfähiger? Meine Vision wäre es, Organisationen und Menschen in die Lage zu versetzen, mit Veränderungen und Krisen vorausschauend, souverän und dialogbereit umzugehen. Dabei Transformationswissen und Transformationserfahrung tatsächlich und täglich in der Arbeit, im Alltag zu nutzen. Das wäre eine wirkliche Innovation: Transformatives Lernmuskeltraining.
Letztlich könnte das „Transformative Lernmuskeltraining“ darauf abzielen, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch die Fähigkeit der Lernenden zu fördern, dieses Wissen in ihrem Leben anzuwenden, zu reflektieren und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Hierzu werde ich bestimmt demnächst einen Artikel verfassen.
TB: Wie stehst Du denn zu der allgemeinen Tendenz, Kommunikationsräume mehr und mehr digital zu gestalten?
CT: Es ist so wichtig, den physischen Austausch, die Räume des Dialogs und der Auseinandersetzung zwischen den Menschen (wieder) zu fördern. Nur so finden wir einen Sinn. Die Förderung von Digitalisierungsprojekten steht in jedem Unternehmen auf der Agenda und in den Strategiepapieren, umso mehr habe ich mich über die Anfrage einer Stiftung gefreut, ob ich sie bei der Strategieentwicklung für „Multiperspektivisches Arbeiten“ in Präsenz unterstützen kann. Also raus aus der „eigenen Suppe“, den Abteilungssilos, und erst einmal analog vernetzt arbeiten. Vielleicht funktionieren dann auch die digitalen Veränderungsprozesse besser.
TB: Was sind Deine wesentlichen Erkenntnisse und Erfahrungen aus Deiner bisherigen Tätigkeit? Sowohl als Kulturmanagerin und als interne Beraterin für Organisationsentwicklung und Change-Management?
CT: Vielleicht fange ich mit einer der letzten Erkenntnisse an: In den Wochen meines Abschieds bei der Berlinale kamen nicht nur langjährige Weggefährtinnen und Vertraute auf mich zu, sondern unerwartet viele, von denen ich oft nicht wusste, was sie von mir, von meiner Arbeit, halten. Das waren dann sehr berührende Momente voller gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung. Mir viel auf, wie selten uns der Alltag die Möglichkeit gibt, uns persönliches Feedback zu geben. Das war auch Thema eines Workshops, den ich dieses Jahr mit einem Museumsteam hatte. Das Team beschloss, dass es von nun an neben den Meetings auch „Feedings“ geben sollte.
Ein großes Thema ist Führung und Zusammenarbeit. Ich erinnere unsere kollektive Erkenntnis bei der Leitbildentwicklung der Berlinale. Es war das Jahr 2015, als in einem Workshop der Satz bzw. die Erkenntnis fiel: „Wir ermöglichen alles für unser Publikum und für unsere Filmschaffenden, weit über unsere eigenen Grenzen hinaus.“ Das hat sicherlich den damals angestoßenen Wandel – vor allem bei uns in der Abteilung – beflügelt, die Mitarbeitenden fortan in den Mittelpunkt zu stellen und Strukturen zu schaffen, die allen Arbeitszeiten und -bedingungen ermöglichten, um eine gute Balance zwischen Beruf und Familie/ Freunde zu finden sowie ausreichend Zeit für die Kinderbetreuung wie auch die Pflege von Angehörigen einschloss.
Transparenz als Schlüssel zu einer besseren Zusammenarbeit war sicherlich eine weitere wichtige Erkenntnis. Kulturbetriebe wie ich sie zum Teil bis heute kennengelernt habe, trennen zwischen kreativen und administrativen Abteilungen. So wurde bei der Berlinale während unseres Change Prozesses eine große Leitungsrunde ins Leben gerufen und die über 30 Führungsverantwortliche wurden verpflichtet, die Ergebnisse fortan mit ihren Teams zu teilen. Unterstützend kam hinzu, dass alle Informationen und Protokolle transparent für alle im Intranet zugänglich gemacht wurden. Der transparente Prozess hat sicherlich nicht nur an bestehenden Machtstrukturen gerüttelt, sondern zur teilweisen Auflösung von Schattenhierarchien geführt. Die Transparenz förderte ein besseres Miteinander und die Anerkennung der Arbeit jedes Einzelnen. Ich erinnere mich an die Aussage eines Abteilungsleiters: „Meine Arbeit, meine Abteilung und ich werden jetzt zum ersten Mal wahrgenommen und meine Leistung anerkannt.“ Gleichzeitig schaffte die Transparenz auch viel Mehrarbeit ab – parallellaufende Prozesse zu ähnlichen Themen wurden entdeckt und gestoppt, Aufträge und Aufgaben neu verteilt.
Ohnmacht beschreibt gleichzeitig eine Erfahrung, die ich immer wieder mit politischen Akteuren und Systemen gemacht habe. So sehr wir auch einen systemischen Veränderungsprozess für das Festival und seine Abteilungen betrieben, so wenig Resonanz fand dies in den Kontrollorganen darüber. „Wozu brauchen wir einen Veränderungsprozess? Wir haben doch diese und jene Instrumente“ etc. war zu hören.
Die Erkenntnisse Mut und Risiko führten mich persönlich zu dem Schluss, dort zu kämpfen und Risiken einzugehen, wo Veränderungsvermögen und Veränderungswille da ist und ansonsten die Welt getrost ihren Lauf nehmen zu lassen.
Wunder gibt es immer wieder … auch das ist passiert. Ich meine damit überraschende Wendungen im positiven Sinne – leider nicht in Bezug auf das zuständige Amt – aber mit Menschen, die mir in all den Jahren begegnet sind und wo es in den Beziehungen immer wieder neue unerwartete Wendungen und gemeinsame Erkenntnisse gab. So ist es auch nach Enttäuschungen umso wichtiger, weiterhin Vertrauen zu haben und offen zu sein. Es lohnt sich!
TB: Hattest Du nicht auch die Doppelspitze eingeführt?
CT: Ach ja, die Doppelspitze. Mein Wunsch hierzu bei der Leitungsübernahme von Talents stieß nicht sofort auf Begeisterung. Aber Dieter Kosslick gab mir den Auftrag eine Struktur zu schaffen, die das ermöglichte. Das habe ich sehr gerne getan und so wurde Berlinale Talents (damals noch Talent Campus) fortan in einer Doppelspitze geführt. Mit Florian Weghorn habe ich in den letzten zehn Jahren in dieser Konstellation hervorragend zusammengearbeitet. Die Doppelspitze hat es uns zum Beispiel an vielen Stellen ermöglicht, mehr Führungsaufgaben in unseren Alltag zu integrieren, strategische Entscheidungen nach außen gemeinsam zu treffen, aber auch hier effizienter und effektiver in der Umsetzung zu agieren. Und die Doppelspitze schützt vor blinden Flecken! Voraussetzung für eine erfolgreiche Doppelspitze ist meiner Erfahrung nach: absolutes Vertrauen, das eigene Ego immer schön zügeln, Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar absprechen und Feedback geben.
Um bei den Menschen zu bleiben – das ist die schönste Erfahrung in all den Jahren: Ich durfte Menschen aus so vielen Kulturen und Ländern kennenlernen und oft mit ihnen und ihren Teams vor Ort zusammenarbeiten. So fühle ich mich meinen früheren Kolleginnen und Kollegen in Durban sicher vertrauter und näher als so manchem Nachbarn in Pankow 😉
TB: Welche Lebenserfahrungen möchtest Du nicht missen und leiten Dich in Deiner Arbeit?
CT: Eine wichtige Erfahrung für mich war sicherlich, wie wir beide uns kennengerlernt haben. Mit Anfang 20 steckte ich während meines Studiums in einer persönlichen Krise. Mir war klar, dass ich professionelle Hilfe brauchte, und ein Freund empfahl mir einen jungen Psychologen mit einer Praxis in Kreuzberg. So bin ich bei Dir auf der Couch gelandet. Rückblickend war das ein wahrer Glücksfall für meine persönliche Entwicklung, da ich mit Deiner Unterstützung seelische Verletzungen und mein damaliges Gefühlschaos ordnen und ja heilen konnte. Kürzlich traf ich einen Beziehungscoach und fragte ihn neugierig, mit welchen Themen seine Klienten am häufigsten zu ihm kämen. Er lächelte und meinte, es gehe nur selten um Sex. Ein häufiges Paarthema sei, wenn Menschen sich nicht oder erst sehr spät um ihre eigene Persönlichkeitsentwicklung kümmern und dann die eigenen Probleme in die Partnerschaft hineingetragen werden, Projektionsflächen und Machtkämpfe entstehen. Ich musste schmunzeln und ergänzte „…oder in Organisationen und Teams landen…“.
Vor Weihnachten hatte ich einige Einzelcoachings. Ich habe tolle, wunderbare Menschen kennengelernt, die in bestimmten Situationen an sich zweifelten oder sich unsicher fühlten. Eine Coachee strahlte nach einer Sitzung und sagte zu mir: „Das ist Balsam für die Seele“. Ja, genau das ist es!
TB: Was waren prägende Situationen Deiner Kindheit?
CT: Prägend war sicher auch das Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin. Ich bin ein Einzelkind aus eher einfachen Verhältnissen. Wenn ich heute manchmal Freunden Wohnblöcke aus den 60er Jahren zeige und sage, dass ich in so einem Wohnblock aufgewachsen bin, bekomme ich oft mitleidige Blicke. Für mich war es eine wunderbar glückliche Zeit. Ich hatte in meinen Augen alles: Freiheit, viel Rasen um die Wohnblöcke, große Spielplätze nebenan und vor allem viele Kinder zum Spielen, eine Oma, die bei uns wohnte und einfache Wohlfühlgerichte und leckeren Kuchen zaubern konnte. Nur ein eigenes Zimmer hatte ich erst mit vierzehn. Da die anderen um mich herum auch keines hatten, ist mir das erst viel später aufgefallen. Als eine meiner besten Freundinnen aus dem Kindergarten nicht mit mir in die Grundschule, sondern in die Sonderschule kam, brach für mich eine Welt zusammen. Das war sicher ein Initialmoment, dem Modell „Leistungsgesellschaft“ seither kritisch gegenüberzustehen.
Meine Eltern hatten genug zum Leben und das, was sie hatten, wurde geteilt: mit Waisenkindern in Brasilien, mit Verwandten in Ostdeutschland, mit Aussiedlerfamilien oder Geflüchteten. Und für mich waren meine Eltern reich, weil ich Kinder kannte, die weniger hatten. Sie waren vor allem reich an Herzenswärme. So einfach war meine Logik. Für mich war das Glas also immer halb voll, wenn nicht meistens schon voll.
TB: Würdest Du sagen, dass Deine Eltern Dich in Deinen Vorhaben unterstützten?
CT: Als ich fünfzehn war, merkte mein Vater, dass ich ganz andere Interessen und Talente hatte als er. Bereiche, von denen er, wie er sagte, nichts verstand oder für ihn die Filmgeschichte mit Conny & Peter (Cornelia Froboess und Peter Kraus) endete. Das Schöne war, dass er meine Entwicklungen tolerierte und unterstützte, wo er nur konnte. Neben der Toleranz, dem Humor und der Bodenständigkeit meines Vaters beeindruckten mich seine Großzügigkeit, seine Gelassenheit, seine Lösungsorientierung, seine Fairness und sein ehrliches Feedback, wenn die Grenze des Zumutbaren überschritten war. Sicherlich alles wichtige Ressourcen und Werte, die mich auch heute noch leiten.
TB: Was waren Deine ersten wichtigen Aktivitäten, die Deinen weiteren Weg beeinflusst haben?
CT: Die Liste der sozialen und kulturellen Aktivitäten, die ich während meiner Schulzeit anzettelte ist lang. Es gab immer wichtige Gründe, mich für dieses oder jenes zu engagieren, ich hatte dabei immer ein großes Netzwerk um mich herum oder die Neugier, der Wunderfitz, wie man im Schwäbischen sagt, zog mich in die Stadt zu interessanten Gruppen oder ins Programmkino. Meine Mutter stellte irgendwann nüchtern fest: „Unsere Tochter wohnt eigentlich nicht mehr bei uns, sondern im Kino.“
Diese und viele andere Erfahrungen haben mich dann wohl über die Philosophie, die Kultur-, Theater- und Filmwissenschaften zur Organisationsentwicklung geführt. Wobei Organisationsentwicklung nicht das ausdrückt, worum es mir eigentlich geht, nämlich wie Menschen in Gemeinschaft gut zusammenarbeiten wollen, Sinnvolles tun und zusammenwachsen können.
TB: Viele Deiner Weggefährten aus Deiner schwäbischen Kindheit sind heute noch Teil Deines Netzwerkes. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Kontakte Du zu Deinen Jugendfreundinnen pflegst.
CT: Dies bringt mich zu unserer jüngsten Initiative, zu „Fair Play – New Leadership in Film und Kultur“, die ich zusammen mit Christine von Fragstein ins Leben gerufen habe. Ich kenne Christine, seit ich dreizehn bin, sie war eine Klasse über mir. Nach dem Abitur haben wir uns aus den Augen verloren und sind uns 2001 zufällig beim Filmfestival in Cannes wieder über den Weg gelaufen. Weitere Zufälle und Umwege führten dazu, dass ich mit Christine 2004/2005 ein Jahr gemeinsam den Talent Campus machte. Mit Christine verband ich die Erinnerung: Das war doch die, die 1988 bei unserem Umsonst & Draußen Festival überhaupt keine Scheu zeigte, sich bei Regen in den Matsch zu stellen und Getränke für einen guten Zweck zu verkaufen. Vor allem tat sie das mit einem Lachen im Gesicht und hatte viel Spaß dabei.
Also schlussfolgerte ich, erstmal eine gute Grundvoraussetzung, der Rest wird sich zeigen… bedeutet für mich auch immer wieder, Vertrauen in Menschen und Prozesse zu haben, eine große Offenheit zu bewahren und zu leben.
TB: Vielen Dank, liebe Christine. Ich freue mich auf die gemeinsame Zukunft mit spannenden Projekten und Begegnungen.
Christine Tröstrum in an interview: The path to self-employment. A look at her transformative journey.
Thomas Biniasz interviews Christine Tröstrum about her personal transformation process and matters close to her heart.
Christine Tröstrum has been my business partner at biniasz and partner since summer 2021, initially on a part-time basis, and since September 2023, after more than 25 years as an employee, she has now been working independently in our partnership company as a consultant, coach and trainer. I was curious to ask Christine about how she has experienced her own change so far and what her favourite things are for her professional future. Read on to find out how we met, what „transformative learning muscle training“ is, why coaching is balm for the soul and what Wunderfitz is.
Thomas Biniasz (TB): What gave you the final push to go into self-employment?
Christine Tröstrum (CT): I remember that about five years ago, self-employment was the boldest dream on my list of career options. Yes, and bold dreams require courage and determination, are out of the ordinary and involve the possibility of failure. The last straw was actually our self-organised trekking tour in the Pyrenees in autumn 2022, which meant bravely climbing to the summits, often doing an extra lap late into the night and then falling into bed completely exhausted but happy. Every brave effort was rewarded with an even better view or a wonderful experience. And the hours when we were completely lost our way were quickly forgotten.
Thomas: How did you experience the ‚interim period‘ between letting go and starting a new professional life? – The old job was still there, the new one in preparation.
CT: It wasn’t an easy time, always having to do justice to the old and the new. My strong sense of responsibility often got in the way and it was often difficult to stay calm. It was important to me to ensure a smooth transition for my successor and the team after almost two decades at the Berlinale. As I hear from former colleagues and my successor, I seem to have succeeded very well. At the same time, I had so many new ideas in my head that I had to constantly prioritise and consider with whom I would tackle which adventure and project first.
TB: What would you like to pass on to others from your current young experience?
CT: I can only advise everyone to:
1. Get out of your comfort zone and go on an adventure.
2. Have people around you who unconditionally support you, trust you, hold you and accept you for who you are.
3. Careful planning, perception and reflection are certainly good advisors so that the implementation or change succeeds courageously, step by step.
4. Know your strengths and weaknesses and embrace both.
5. Consciously pause and correct.
6. Find your own rhythm, your own harmonious structure.
7. Rejoice when you can’t yodel.
8. Be grateful.
TB: What is your heart’s desire now in terms of your work? What do you want to bring into the world with biniasz and partner?
CT: I want to accompany people from and in their different worlds and support them in getting closer to their core, their goals and dreams. I also want to promote responsible behaviour in the sense of a healthy (working and value) community. This will enable us to live a good and happy life.
TB: What are you most concerned about at the moment?
CT: We are currently experiencing how the world is falling apart at the seams in many places, many people have fallen out of their roles, are hurt, irritated, and stressed. Facts and opinions are being mixed up, differentiation is difficult, binary, sometimes radical thinking and behaviour seems to be the only solution for many. There are wars going on in many places, including the social networks or in many of the teams I currently support. Simple disagreements of opinion, different views end in unsuccessful mediations. There is mistrust or fear of addressing things directly, of giving honest, appreciative feedback. In many discussions, Aristotelian either/or thinking dominates again; current debates on racism and anti-racism open new divides, or the author and philosopher Byung-Chul Han speaks of the collapse of democracy in the digital space in his essay „Digitale Rationalität und das Ende des kommunikativen Handels”.
When recognising the problems and struggling to find solutions to all the omnipresent crises and problems, we repeatedly come up against structures that have evolved over centuries and that make change difficult or even prevent it. „Change is difficult for us by nature“ is a common belief. I believe that we find change „culturally“ difficult.
TB: Where do you see possible levers for change here?
CT: Let’s assume: Schools become genuine places of learning that promote and value social skills just as much as technical skills. Wouldn’t we then be more resilient, future-proof and more viable? My vision would be to enable organisations and people to deal with changes and crises with foresight, confidence and a willingness to engage in dialogue. To actually use transformation knowledge and transformation experience on a daily basis at work, in everyday life. That would be a real innovation: transformative learning muscle training.
Ultimately, ‚transformative learning muscle training‘ could aim not only to impart knowledge, but also to promote the ability of learners to apply that knowledge in their lives, to reflect on it, and to continually develop themselves.
I will certainly be writing an article on this soon.
TB: What do you think about the general tendency for communication spaces to become more and more digital?
It is so important to (re)promote physical exchange, spaces for dialogue and debate between people. This is the only way to find meaning. The promotion of digitalisation projects is on the agenda and in the strategy papers of every company, so I was delighted to receive a request from a foundation asking me to support them to develop a strategy for „multi-perspective working“ in presence. So get out of the departmental silos, and start working in an analogue network. Maybe then the digital change processes will work better.
TB: What are your key insights and experiences from your work to date? Both as a cultural manager and as an internal consultant for organisational development and change management?
CT: Perhaps I’ll start with one of the last insights: In the weeks of my farewell from the Berlinale, I was approached not only by long-time companions, but unexpectedly by many people of whom I often didn’t know what they thought of me and my work. These were very touching moments of mutual appreciation and recognition. I realised how seldom everyday life gives us the opportunity to give ourselves personal feedback. This was also the theme of a workshop I had with a museum team last year. The team decided that from now on there should be „feedings“ in addition to meetings.
A big theme is leadership and collaboration. I remember our collective insight during the development of the Berlinale’s mission statement. It was in 2015, when the following sentence or insight came up in a workshop: „We make everything possible for our audience and our filmmakers, far beyond our own borders.“ This was certainly the impetus for the change that was initiated at that time – especially in our department – to put employees first and to create structures that allowed everyone to work hours and conditions that allowed them to find a good balance between work and family/friends, including sufficient time for childcare and caring for relatives.
Transparency as the key to better collaboration was certainly another important lesson. Cultural organisations, some of which I still know today, separate creative and administrative departments. During our change process at the Berlinale, for example, a regular meeting was set up with more than 30 department heads, who were obliged to share the results with their teams. This was supported by the fact that all information and minutes were made transparently available to everyone on the intranet. The transparent process not only shook up existing power structures, but also led to the partial dissolution of shadow hierarchies. Transparency encouraged better cooperation and recognition of the work of each individual. I remember one head of department saying: „My work, my department and I are now being recognised for the first time and my performance is being acknowledged.“ At the same time, transparency also eliminated a lot of extra work – parallel processes on similar topics were discovered and stopped, and assignments and tasks were redistributed.
Powerlessness also describes an experience that I have had time and again with political players and systems. As much as we pursued a systemic change process for the festival and its departments, this met with little response from the controlling bodies. „Why do we need a change process? We have these and those tools“, etc., was what we heard. The insights of courage and risk led me personally to the conclusion to fight and take risks where there is the ability and willingness to change and otherwise to let the world take its course with confidence.
There are always miracles… this has also happened. By that I mean surprising twists in a positive sense – unfortunately not in relation to the controlling bodies – but with people I have met over the years, where there have always been new unexpected turns and shared insights in relationships. So even after disappointments, it is all the more important to continue to trust and be open. It’s worth it!
TB: Didn’t you also introduce dual leadership?
CT: Oh yes, dual leadership. My request for this when I took over the management of Talents was not immediately met with enthusiasm. But Dieter Kosslick gave me the task of creating a structure that would make it possible. I was very happy to do so, and from then on Berlinale Talents (formerly know as Talent Campus) was run by a dual management team. Over the past ten years, I’ve worked extremely well with Florian Weghorn in this constellation. For example, the dual leadership has enabled us to integrate more leadership tasks into our daily work in many areas, to make strategic external decisions together, but also to act more efficiently and effectively in terms of implementation. And dual leadership prevents blind spots! In my experience, the prerequisites for successful dual leadership are: absolute trust, always keeping one’s own ego in check, clear agreements on tasks and responsibilities, and giving feedback.
Being with the people is the best experience of all these years: I got to know people from so many cultures and countries, and often worked with them and their teams in the field. I certainly feel more familiar and closer to my former colleagues in Durban than to some of my neighbours in Berlin-Pankow 😉
TB: What life experiences would you not want to miss and that guide you in your work?
CT: An important experience for me was certainly how we got to know each other. When I was in my early 20s, I went through a personal crisis during my studies. I realised I needed professional help, and a friend recommended a young psychologist with a practice in Kreuzberg. That’s how I ended up on your couch. Looking back, it was a real stroke of luck for my personal development, because with your support I was able to sort out and even heal my emotional wounds and the chaos I was in at the time. I recently met a relationship coach and curiously asked him what issues his clients most often came to him with. He smiled and said it was rarely about sex. A common problem in couples is when people don’t take care of their own personal development, or do so very late, and then their own problems are brought into the relationship, creating projection surfaces and power struggles. I had to smile and added „…or end up in organisations and teams…“.
I had some one-to-one coaching sessions before Christmas. I met great, wonderful people who doubted themselves or felt insecure in certain situations. One coachee was beaming after a session and said to me: „This is balm for the soul”. Yes, that’s exactly what it is!
TB: What were some formative situations in your childhood?
CT: The environment in which I grew up was certainly formative. I am a single child from a rather simple background. Nowadays, when I show friends blocks of flats from the 1960s and say that I grew up in one of them, I often get pitying looks. For me, it was a wonderfully happy time. In my eyes, I had everything: freedom, lots of green fields around the blocks, big playgrounds next door and, above all, lots of children to play with, a grandmother who lived with us and could whip up simple comfort food and delicious cakes. But I didn’t have my own room until I was fourteen. Since the others around me didn’t either, I didn’t notice it until much later. When one of my best friends from kindergarten didn’t go to primary school with me but to a special education school instead, my world collapsed. That was certainly the first moment that made me critical of the „meritocracy“ model ever since.
TB: Would you say that your parents were supportive of your endeavours?
CT: When I was fifteen, my father realised that my interests and talents were completely different from his. Areas that he said he understood nothing about, or that for him film history ended with Conny & Peter (Cornelia Froboess and Peter Kraus). The nice thing was that he tolerated and supported my developments wherever he could. In addition to my father’s tolerance, humour and down-to-earth attitude, I was impressed by his generosity, calmness, solution-orientation, fairness and honest feedback when the limits of what was reasonable were exceeded. Certainly all important resources and values that still guide me today.
TB: What were your first important activities that influenced your further path?
CT: The list of social and cultural activities I initiated during my school years is long. There were always important reasons to get involved in this or that, I always had a large network around me, or curiosity, the „Wunderfitz“, as we say in the South of Germany (Swabia), drew me into the city to interesting groups or to the art-house cinema. At some point my mother realised: „Our daughter doesn’t actually live with us anymore, she lives more in the cinema“.
These and many other experiences probably led me to organisational development via philosophy, cultural studies, theatre and film studies. However, organisational development does not really express what I am interested in, which is how people in a working community want to work well together, do meaningful things and grow together.
TB: Many of your friends from your Swabian childhood are still part of your network today. I am always amazed at how many contacts you keep with your childhood friends.
CT: This brings me to our latest initiative, „Fair Play – New Leadership in Film and Culture“, which I launched together with Christine von Fragstein. I’ve known Christine since I was thirteen, she is one year older than me. We lost touch after leaving school and met again by chance at the Cannes Film Festival in 2001. Further coincidences and detours led to me and Christine working together on the Talent Campus for a year in 2004/2005. I remembered Christine as the one who was not at all afraid to stand in the mud in the rain and sell drinks for a good cause at our music open air festival in 1988. More importantly, she did it with a smile on her face and had a lot of fun doing it. So I came to the conclusion that that was a good starting point, the rest will come… for me it always means having trust in people and processes, maintaining and living a great openness.